VERLAG JANOS STEKOVICS
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Der Künstler Karel Trinkewitz

„Die unerträgliche Leichtigkeit des Haiku“
Der Künstler Karel Trinkewitz

Herausgegeben von Christine Gölz, Alfrun Kliems und Birgit Krehl

Broschur mit Schutzumschlag
51 teils farbige Abbildungen
17 x 28 cm
19,80 EUR
ISBN 978-3-89923-368-1

Der Begleitband zur Berliner Ausstellung „Die uner­träg­liche Leichtigkeit des Haiku“ befasst sich mit der Dichtung von Karel Trinkewitz (1931–2014), einem deutsch-tschechisch-jüdischen Künstler und Dissi­denten aus Prag, der lange im Hamburger Exil lebte. Er entdeckte in den 1960er Jahren das Haiku für sich, die japanische Kunstform des dreizeiligen Kurzgedichts. Der Band gibt einen Einblick in die Poetik von Trinkewitz und seine Haikus, denen dieser in Anspielung auf Milan Kundera eine „unerträgliche Leichtigkeit“ bescheinigte und das zum Anlass nahm, auch theoretisch über die Gattung und das Verhältnis von Kunst-Literatur-Leben nachzudenken.



Christine Gölz ist Slawistin und Fachkoordinatorin für Literaturwissenschaft am Leipziger Geisteswissen­schaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO). Alfrun Kliems lehrt als Professorin für Westslawische Literaturen und Kulturen an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Birgit Krehl ist als Polonistin und Bohemistin an der Universität Potsdam tätig.

Geleitwort

Unsere Begegnung mit Karel Trinkwitz war ein schöner Zufall. Im Winter 2014 fielen uns bei einem Besuch der Forschungsstelle Osteuropa Bremen (FSO) die vielen Stapel mit Kartons und Schachteln unter dem Namensschild „Trinkewitz“ auf. Auf unsere Frage, was denn der Nachlass des Künstlers umfasse, erhielten wir die Antwort: alles. Und wirklich, in den Kisten befanden sich Tausende Haikus, Hunderte Zeichnungen und Bändchen, von Hand beklebt und bemalt, collagiert und beschriftet, Dutzende Collagen und Zehntausende Seiten Tagebuch, dazu Reisebeschreibungen, Erinnerungen und Entwürfe zu einem Meta-Roman – ein durch das Archiv und über dessen Regale ausgreifendes Textgewebe.
Was uns sofort für diesen obsessiven Künstler einnahm, den wir bislang vor allem als Collagisten und Rauminstallateur kannten, war der Rang von Wort und Text in seiner gelebten Kunst. Da ordnet einer die Welt in mit Silben überzogene Setzkästen-Assemblagen, umhüllt mit Wörtern Alltagsdinge und Raumkörper, fängt in Texten über Texte das Leben ein – auf komisch-ironische, manchmal auch bitter-sarkastische Weise. Immer wieder erläutert Karel Trinkewitz das, was ihm wichtig ist: andere Dichter und Dichterinnen, Spaziergänge mit Hund, philosophische Reflexionen, ­Naturbeobachtungen, politische Ereignisse, Reimschemata.
Dies anhand der literarischen Gattung in einer Ausstellung zu bebildern, die es Trinkewitz besonders angetan hatte, war unsere Idee. Deshalb stellten wir das Haiku ins Zentrum unserer Ausstellung, die in diesem Begleitband dokumentiert ist. Bei den weiteren Recherchen fielen uns Kataloge zum bildenden Schaffen von Trinkewitz in die Hände, Haiku-Büchlein und Gedichtbände, dazu kluge Einführungen in das Werk des Künstlers. Was bislang aussteht, ist eine wissenschaftliche Einbettung seiner Wortkunst – an der wir uns hier versuchen.
So reiht Zornitza Kazalarska Trinkewitz in die Riege derjenigen mitteleuropä­ischen Dissidenten ein, die über eine Denklandschaft von Notizen, Briefen, Zetteln, Haikus, Tagebucheinträgen und unfertigen Kritzeleien verbunden sind, die „für sich“ geschrieben wurden. Nicht nur bei Trinkewitz wird zum Beispiel das Haiku zur alltäglichen Praxis des Lesens, Abschreibens und Schreibens. Zugleich adaptierte er die Form Haiku auf sehr spezielle Weise, der Birgit Krehl in seinen Versen und Reimen, im ironischen Spiel mit der Gattung sowie in der Interaktion von Text und Schrift nachgeht. Schließlich ordnet ihn Alfrun Kliems der Prager Literatur zu, stellt ihn als einen so traditionsbewussten wie -sicheren Dichter vor, der sich wie Egon Bondy oder Bohumil Hrabal in das Alte Prag einzuschreiben sucht. Gerahmt werden diese Überlegungen von Wolfgang Schlotts so detaillierten wie intimen Einblicken in Leben und Wirken von Trinkewitz. Schlott stellt den Künstler nicht nur in der Vielschichtigkeit seines Werkes vor, sondern beschreibt auch ein Leben mit Brüchen.
Diesen Beiträgen zur Seite gestellt haben wir die Stimme von Karel Trinkewitz, indem wir seine theoretischen Überlegungen zum Haiku und dessen „unerträglicher Leichtigkeit“ aus dem Tschechischen übersetzen ließen. Von Trinkewitz selbst stammt auch der Titel unserer Ausstellung „Die unerträgliche Leichtigkeit des Haiku“ – Der Künstler Karel Trinkewitz, die vom 15. September bis zum 3. Okto­ber 2016 im Lichthof der Humboldt-Universität zu Berlin gezeigt wurde.

Danksagung

Um überhaupt einen fruchtbaren Einblick in den Nachlass eines Künstlers nehmen zu können, braucht es mindestens zweierlei: eine Witwe, die einem und der eigenen ­Arbeit wohlgesonnen ist, und eine Archivarin, die einem die Bestände öffnet. Beides haben wir in Helga Umland-Trinkewitz und Karina Garsztecka gefunden – immer mit Unterstützung von Susanne Schattenberg, der Direktorin der Forschungsstelle Ost­europa an der Universität Bremen. Sie hat es unter anderem unserem Fotografen ­Fabian Winkler ermöglicht, Aufnahmen von den Beständen zu machen. Ihnen gilt ­zuallererst unser Dank.
Sodann danken wir der Projektgruppe „Kulturelle Ikonen Ostmitteleuropas: Das Nachleben der Romantik“ am Leipziger Geisteswissenschaftlichen Zentrum ­Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO): Iris Bauer, Matteo Colombi, Beáta Hock und Stephan Krause. Die von uns, Christine Gölz und Alfrun Kliems, geleitete Forschungsgruppe gab wesentliche Impulse für dieses Vorhaben, das wir immer wieder aufgeschoben und dann in Angriff genommen haben.
Als es soweit war, hat uns mit Wolfgang Schlott nicht nur ein Freund des Künstlers beraten, sondern auch ein profunder Experte in Sachen Karel Trinkewitz. Rainette Lange übersetzte für die Ausstellung und diesen Band Haikus, Essays und Reiseberichte des Künstlers ins Deutsche. So entstanden unter anderem wunderbare Nachdichtungen. Diese können auf den Ausstellungshängern bewundert werden, die die Grafikerin Heike Sählbrandt entwarf. Ihr ist es zu verdanken, dass sich die ­„unerträgliche Leichtigkeit“ des Haiku in Arrangement, Typografie und Material auf überaus erträgliche Weise spiegelt.
Schließlich stand uns am Lehrstuhl für Westslawische Kulturen und Literaturen der Humboldt-Universität zu Berlin Zornitza Kazalarska zur Seite. In Leipzig und ­Berlin haben Fabian Möpert, Anne König und Lidia Meißner unverdrossen Literatur ­recherchiert sowie das Manuskript Korrektur gelesen. Olivia Golde beschaffte Teile der Abbildungen und Petra Václíková behielt vor Ort im Bremer Archiv den Überblick über die Trinkewitz-Kartons.
Besonders bedanken möchten wir uns bei Ulrich Steinmetzger (Lektorat), Hans-Jürgen Paasch (Grafik) und Janos Stekovics (Leitung) vom Verlag Janos Stekovics. Sie haben mit viel Geduld, Expertise und Liebe diese Publikation betreut.
Gefördert wurden die Ausstellung und dieser Begleitband von der Humboldt-Universität zu Berlin, dem Leipziger GWZO – namentlich dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Sächsischen Staatsministerium für ­Wissenschaft und Kunst (SMWK) – sowie der Universität Potsdam. Allen Institutionen, vor allem aber ihren beratenden und helfenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei an dieser Stelle ebenfalls gedankt.

 

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